1945 und 1946 wurden die deutschen Bewohner und Bürger von den Tschechen aus ihren Wohnungen und Häusern getrieben, in Lagern eingesperrt und nach monatelanger Zwangsarbeit unter Zurücklassung ihres gesamten Hab und Gutes aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Im Mai und im August 1945 kamen Bahntransporte mit jeweils etwa 1300 Saazer vor allem Frauen und Kinder in Schweinfurt an.
Sie wurden zunächst in den Luftschutzbunkern notdürftig untergebracht und später in Wohnungen und Häusern in den umliegenden Ortschaften einquartiert. Diese ausgehungerten, schlecht bekleideten und teilweise kranken Menschen wurden keine Sozialhilfeempfänger, sondern beteiligten sich im großen Umfang am Wiederaufbau der zerstörten Stadt Schweinfurt. Sie haben sich gut eingebürgert, Familien gegründet und waren beruflich erfolgreich. Die noch heute hier und andernorts lebenden Heimatvertriebenen und ihre Nachkommen sind stolz auf ihre Leistungen und freuen sich, in Schweinfurt ein Museum errichten zu können mit Beweisen ihrer Jahrhunderte langen kulturellen Gestaltung ihrer ehemaligen Heimat in Böhmen und in ihrer Heimatstadt Saaz.
Die tschechischen Nationalisten und Kommunisten haben alles getan, um jegliche Beziehung der deutschsprachigen Bevölkerung zur Kultur, Wirtschaft und Industrie zu löschen. Alle deutschen Namen der Städte, Ortschaften mit den Straßen, wurden durch tschechische Namen ersetzt. Das gilt auch für weltbekannte Fabriknamen und ihren Erzeugnissen, besonders im Hopfengeschäft. Mit der Errichtung des Museums wird ein Beitrag „Gegen das Vergessen“ geleistet. Ab 1964/65 konnten in jahrzehntelangen Bemühungen wichtige Andenken, Dokumente, Fotoalben, Bilder, Landkarten, Bücher und viele persönliche Dinge und sonstige Kulturgüter aus der alten Heimat gekauft und gesammelt werden.
Die Familie Wurdinger, eine alteingesessene, angesehene Saazer Familie mit einem im Hopfenhandel weltweit bekannten Namen, schuf eine ansehnliche Sammlung von Büchern, Bilder, Dokumenten, Festschriften, Landkarten und Urkunden, die bald die Räumlichkeiten seines Einfamilienhauses in Georgensgmünd füllten. 1983 fand sich eine Reihe von ehemaligen Saazer Bürgern, die seine Bemühungen unterstützten mit der Gründung des Vereins „Saazer Kulturkreis e.V.“ Dessen Aufgabe war die Beschaffung und Bewahrung deutschen Kulturgutes aus dem Saazerland. 1987 entstand die „Saazer Stube“ in einem Raum, den die Stadt Roth im Landratsamt zur Verfügung stellte.
Bei den wiederkehrenden Saazer Heimattreffen in Roth bestand eine gute Möglichkeit unserer Landsleute, die Saazer Stube mit ihren zahlreichen Andenken an ihre Heimatstadt Saaz zu besuchen.
Dieser Raum wurde bald zu eng, wiederum füllte sich das Wohnhaus der Familie Wurdinger mit neu erworbenen Erinnerungsstücken. Da gelang es 1999, im stilgerecht renovierten „Markgräflichen Schlösslein“ in Georgensgmünd, 2 Räume und den Speicher zur Ausstellung und Lagerung der musealen Gegenstände zu bekommen. Aus der Heimatstube wurde 2008 das Heimatmuseum.
Das Saazer Heimatmuseum soll über die Menschen und das Land, das sie über Jahrhunderte bewohnt und gestaltet haben, Auskunft geben.
Der Fortbestand und der Erhalt des Heimatmuseums mit inzwischen über 3000 Exponaten ist durch die Einbringung in eine Stiftung unseren Nachkommen gesichert worden. Das wurde am 24. Mai 2010 gefeiert.
Durch den Erhalt von Nachlässen und Gemälden, darunter auch 10 Gemälde von dem bekannten Saazer Kunstmaler Hugo Gatscher, und dem Erwerb erinnerungswürdiger Andenken, entstand wiederum eine Raumnot. Gerne wären wir in die beiden Räume im ersten Stockwerk des Schlössleins in Georgensgmünd eingezogen, aber die Gemeinde benötigt die historisch schönen Räume für eigene Veranstaltungen.
So begann bereits im Herbst des vergangenen Jahres die Suche nach einem geeigneten Gebäude, in dem die am Speicher gelagerten Gemälde, Bilder, Bücher und interessante Exponate ausgestellt und einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden können.
In Schweinfurt, der Stadt der „Industrie und Kunst“, waren teilsanierte Bürgerhäuser zum Kauf angeboten, darunter das Bürgerhaus in der Oberen Straße Nr. 8, ganz in der Nähe des Marktplatzes.
In Verhandlungen mit den zuständigen Stellen der Stadt Schweinfurt, wurde die Nutzung des Gebäudes für die Ausstellung von Bildern, Gemälden und Berichten über historische Ereignisse und sehenswerten Exponaten des Saazer Heimatmuseums gestattet. Eine bebilderte Dokumentation der Zerstörung von Schweinfurt im 2. Weltkrieg und dem Wiederaufbau, in Verbindung mit einem nicht störenden Gewerberaum und Mietwohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss. Mit den Mieteinnahmen wird das Saazer Heimatmuseum und die Ausstellung erhalten bleiben und einem größeren Besucherkreis zugänglich sein.
Die gesammelten Andenken und Informationen über die kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen der deutschsprachigen Bewohner von Saaz und dem Saazerland in Nordböhmen, dem ehemaligen Sudetenland, sollen auf die vielhundertjährige Geschichte und der historischen Bedeutung der deutschen Stadt Saaz unsere Nachkommen informieren. Die Ausstellung soll aber auch an die schlimmen Kriegsereignisse erinnern und an den geschafften Wiederaufbau, denn das soll nicht in Vergessenheit geraten.
Das Museum ist ein Mahnmal gegen das Unrecht der Vertreibung der deutschen Bewohner aus ihrem Land. Die Erhaltung und Gestaltung ist unsere Verpflichtung.
Dr. Gerhard Illing
Vorsitzender der Stiftung Saazer Heimatmuseum
und im Namen der Fördergemeinschaft des Saazer Heimatmuseums